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Lehrkräftemangel wirksam bekämpfen – Attraktivität des Lehramtsstudiums in NRW nachhaltig steigern
Sehr geehrte Frau Ministerin Feller, sehr geehrte Frau
Ministerin Paul, sehr geehrte Frau Ministerin Brandes,
sehr geehrte Damen und sehr geehrte Herren,
mit diesem Schreiben möchten wir unsere große Besorgnis über
den anhaltenden Lehrkräftemangel in Nordrhein-Westfalen
zum Ausdruck bringen – und zugleich konkrete Vorschläge
unterbreiten, wie die Attraktivität des Lehramtsstudiums
gesteigert und dem Fachkräftemangel im Bildungsbereich
langfristig begegnet werden kann.
Trotz Ihrer bisherigen Bemühungen, mehr Lehrkräfte für den
Schuldienst zu gewinnen, bleibt ein strukturelles Defizit von
über 8.000 Stellen bestehen. Berücksichtigt man, dass ein
erheblicher Teil der Vollzeitstellen in Teilzeitmodelle überführt
wird, liegt der tatsächliche Bedarf sogar bei mindestens 10.000
Lehrkräften. Hinzu kommen zunehmend hohe Belastungen, die
zum frühzeitigen Berufsausstieg oder zu einer Flucht aus dem
System führen – Tendenz steigend.
Die Einstellung von Alltagshelferinnen und -helfern war ein
erster wichtiger Schritt zur Entlastung, aber leider nicht aller
Schulformen mit Stellen in der Sekundarstufe I. Dennoch
erleben wir landesweit, über alle Schulformen hinweg, eine
wachsende Überforderung in den Kollegien. Besonders
beunruhigend ist auch die hohe Abbruchquote im
Lehramtsstudium.
Wir stellen uns daher die Frage, wie es gelingen kann, das
Studium des Lehramtsberufs attraktiver, praxisnäher und
zukunftsfähig zu gestalten – und dabei auch die Wertschätzung
für angehende Lehrkräfte deutlich zu erhöhen.
Ein entscheidender Unterschied zur Ausbildung anderer Beamtenanwärterinnen und -
anwärter ist, dass Lehramtsstudierende ihr Studium weiterhin vollständig selbst finanzieren
müssen. Gleichzeitig steigen die Lebenshaltungskosten stetig. Während Anwärterinnen
anderer Laufbahnen ab dem ersten Tag vereidigt und vergütet werden, sind
Lehramtsstudierende hiervon ausgenommen. Zudem fehlt es im Bachelorstudium an einer
durchgängigen Praxisanbindung. Erst im Praxissemester des Masters erleben viele
Studierende die Realität des Berufs – oft unzureichend begleitet und überfordert.
Dabei ist Schule längst mehr als reine Wissensvermittlung: Lehrkräfte sind Begleiterinnen und
Begleiter in Lernprozessen, übernehmen Erziehungsaufgaben und gestalten Integration und
Inklusion. Diese komplexen Anforderungen lassen sich nicht durch eine rein theoretische
Ausbildung bewältigen.
Ein vielversprechender Ansatz wäre die Einführung dualer Lehramtsstudiengänge, wie sie
bereits in anderen Bundesländern erfolgreich erprobt werden, sowie es mit großem Erfolg im
Polizeidienst von NRW vorgemacht wird. Auch hier wurde der Beruf durch eine frühe
Anbindung an die Praxis, eine kontinuierliche finanzielle Absicherung sowie eine klare
Laufbahnperspektive wieder attraktiver gemacht.
Daher lauten unsere Forderungen:
1. Einführung dualer Studiengänge im Lehramt in NRW, nach dem Vorbild anderer
Bundesländer, die eine engere Verzahnung von Theorie und schulischer Praxis
ermöglichen.
2. Gleichstellung von Lehramtsstudierenden mit anderen Beamtenanwärterinnen
und -anwärtern, etwa durch frühzeitige finanzielle Absicherung und strukturelle
Anerkennung.
3. Abschaffung selektiver Stipendienmodelle, die nur wenigen Studierenden
zugutekommen, und stattdessen Förderung breit angelegter Maßnahmen, die
Chancengleichheit im Studium ermöglichen.
4. Verankerung dieser Ziele im Handlungskonzept „Unterrichtsversorgung“ und
Einleitung ministeriumsübergreifender Gespräche mit den Hochschulen in NRW.
Je mehr andere Bundesländer ihre Studienbedingungen verbessern, desto größer wird die
Gefahr, dass nicht nur fertig ausgebildete Lehrkräfte, sondern auch Studierende abwandern –
insbesondere aus belasteten Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet. Nordrhein-Westfalen darf
sich diese Entwicklung als schul- und talentreichstes Bundesland nicht leisten.
Die Bevorzugung weniger Studierender für ein Lehramtsstipendium, lässt viele Talente
unbeachtet und deckt nicht ansatzweise die finanziellen Belastungen, es erhöht allenfalls
geringfügig die Chancenungleichheit. Wer mehr Lehrkräfte gewinnen will, muss allen mit
demselben Respekt begegnen und muss allen die gleichen Chancen einräumen und nicht
neue Numerus Clausus Hürden schaffen.
Wenn das Ziel Ihrer Bildungspolitik darin besteht, allen Schülerinnen und Schülern faire
Bildungschancen zu ermöglichen, dann muss dieses Ziel bereits im Studium der zukünftigen
Lehrkräfte beginnen.
Gerne stehen wir für einen persönlichen Austausch zur Verfügung und bitten Sie
nachdrücklich, zeitnah konkrete Schritte einzuleiten, um NRW zu einem attraktiven
Studienstandort mit Perspektive für zukünftige Lehrerinnen und Lehrer zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Tempel (Vorsitzender) Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule– Verband für
Schulen des gemeinsamen Lernens e.V. (GGG NRW e.V.)
Henrich Berkhoff (Vorsitzender) Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen e.V. (GLGL e.V)
Andrea Honecker (Vorsitzende) Katholische Elternschaft Deutschland in NRW (KED NRW e.V)
Christian Beckmann (Vorsitzende) Landeselternkonferenz NRW (LEK NRW)
Steffen Uschmann ( stv. Vorsitzender) Landeselternschaft der Förderschulen mit dem
Schwerpunkt geistige Entwicklung und Motorische Entwicklung in NRW e.V.
Josphine Behrens (Vorsitzende) Landeselternschaft der Grundschulen NRW e.V. (LEGS NRW e.V.)
Dirk Heyartz (stv. Vorsitzender) Landeselternschaft der Gymnasien e.V.
Karin Bültbrune (Vorstand) Landeselternschaft der Realschulen in NRW e.V. (LERS NRW e.V.)
Harald Amelang (Vorsitzender) Landeselternschaft der integrierten Schulen in NRW e.V
Manuela Becker (Vorsitzender) Progressiver Eltern- und Erzieherverband NRW e.V.
Erol Celik (Vorsitzende) Elternnetzwerk NRW Integration miteinander e.V.
Dr. Aysun Aydemir (Vorsitzende) Föderation Türkischer Elternvereine e.V. (FÖTEV NRW)
Bernd Kochanek (Vorsitzender) LAG Selbsthilfe NRW
Dortmund, 16. April 2025
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